$. 87. Entdeckungen und Erfindungen. 239
folgende Entdeckung der Insel Guanahani (San Salvador)
und bald darauf die der Insel Cuba und Hapti (St. Do-
mingo) noch in demselben Jahre
1l92 den Anfang zur Entdeckung Amerikas machte.
Auf seiner zweiten Fahrt entdeckte Colombo noch
mehrere westindische Inseln und auf der dritten Fahrt
das F e st l a n d von Südamerika (bis zur Mündung des
Orinoko.) Aber von seinen Feinden am spanischen Hofe
verläumdet, mußte er in Ketten nach Spanien zurückkehren,
während Andere die Früchte seiner Mühe genossen, und ihre
Habgier über die Bewohner der entdeckten Inseln den här-
testen Druck ausübte.
Nach seiner Rechtfertigung gestattete man ihm noch eine
vierte Fahrt, auf der er 1502 Guatemala entdeckte,
worauf er, nach vergeblicher Aufsuchung einerdurchfahrt
nach O st i n d i e n und nach vielfachen Unglücksfällen, nach
Spanien zurückkehrte und im Kummer über den erlittenen
Undank 1506 starb. Wurde doch nicht einmal der neue
Welttheil nach dem Namen dieses seines, durch ausdauernde
Thätigkeit, eben so wie durch Seelengröße ausgezeichneten
Entdeckers benannt, sondern nach dem Florentiner Ame-
rigo Vespucci, der ihn bloß zum erstenmal näher be-
schrieb !
Habsucht und Unternehmungsgeist trieb nun viele Aben-
theurer nach der „neuen W e l t", von der man nach
und nach auch die übrigen Theile kennen lernte. So entdeckte
Balboa die Landenge Darien; Ferdinand Cortez
1519 Mexico, das er als einen reichen, cultivirten und
mächtigen Staat vorfand und mit Gewalt der Waffen
unter die spanische Herrschaft brachte; Franz Pizarra
1529 das gleichfalls schon cultivirte Goldland Peru, das
er nach zwei Jahren durch Grausamkeit und List unterjochte.
Spanische Herrschaft breitete sich in Mittel- und Südame-
rika immer weiter aus und zog unermeßliche Schätze an
Gold und Diamanten aus diesem Lande, ohne ihm etwas
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Extrahierte Personennamen: Colombo Ferdinand_Cortez Ferdinand Franz_Pizarra Franz
Extrahierte Ortsnamen: Cuba Amerikas Spanien Guatemala Spanien Peru
§. 106. Die Entstehung der nordamerikanischen Freistaaten. 315
W. Die neueste Zeit
1. Die Entstehung der nordamerikanischen
Freistaaten.
106. Die Ostküste von Nordamerika war von den Englän-
dern zum Theil schon 1496, zum Theil seit 1584 (durch
Walter Naleigh unter Elisabeth) entdeckt worden. Dauernde
Niederlassungen gelangen ihnen aber erst im Anfang des
17.Jahrhunderts (besonders unter Jakob I), und zwar 1610
in Virginien, 1620 in Neu-Plymouth durch aus-
gewanderte Puritaner, 1633 in Maryland durch ausge-
wanderte Katholiken, 1681 in Pennsylvanien durch
den edlen Quäker William Penn, den Gründer von
Philadelphia. Canuda, 1497 von den Engländern entdeckt,
wurde 1608 von den Franzosen colonisirt.
Anfänglich hatten die Colonisten mit den Ureinwohnern
oder Indianern, die sich nach Kräften um ihren väterlichen
Boden wehrten, schwere Kämpfe zu bestehen, bis die stets
wachsendem Einwanderungen die letzteren nöthigten, sich mehr
und mehr in die Urwälder des Innern zurückzuziehen. —
Die neuen Colonicen erkannten Englands Oberhoheit und den
von dort über sie gesetzten Statthalter an, waren aber eng-
lischen Gesetzen und Abgaben nicht unterworfen.
Im Jahre 1754 geriethen die nordamerikanischen Eng-
länder mit den Franzosen in Cañada in einen Streit, der
den siebenjährigen Seekrieg Englands gegen
Spanien und Frankreich herbeiführte, in welchem
1763 im Frieden zu Versailles die Franzosen Cañada, die
Spanier Florida an England abtreten mußten. (S. §. 104
a. E.)
Die steigende Macht und Blüthe der nordamerikanischen
Colonicen erregte allmählig die Eifersucht des Mutterlandes,
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Extrahierte Ortsnamen: Nordamerika Neu-Plymouth Maryland Pennsylvanien Philadelphia Englands Cañada Englands Spanien Frankreich Versailles Florida England
318 §. 106. Die Entstehung der nordamerikanischen Freistaaten.
und das englische Parlament fieng an, nicht nur den Handel
der Colonicen zu beschränken, sondern ihnen auch Steuern
aufzulegen, um seinen durch den Krieg erschöpften Kräften
aufzuhelfen.
Darüber entstund in den Colonicen eine solche Unzufrie-
denheit, daß sie sich eine vom Mutterlande unabhängige
Obrigkeit setzten. Nun hob zwar das Parlament die Steuer-
gesetze auf, ließ aber die der ostindischen Compagnie zu-
stehende T h e e st e u e r für die Nordamerikaner bestehen. Da-
her widersetzten stch diese der Thee-Einfuhr, und zu Boston
wurde sogar eine Ladung Thee in das Meer geworfen; und
als die Engländer hierauf den Hafen sperrten, brachen die
Nordamerikaner alle Handelsverbindung mit dem Mutterlande
ab, und den 18. April
1t78 gab das Gefecht bei Leringion das Zeichen zum Krieg
und zur allgemeinen Bewaffnung.
England wollte sich nun mit Gewalt Gehorsam ver-
schaffen und setzte ein in Deutschland geworbenes
Heer nach Nordamerika über, wo ihm der von den Nord-
amerikanern zum Oberfeldherrn gewählte besonnene und stand-
hafte Washington einen schweren Stand bereitete.
Ein Jahr nach dem Beginne des wechselvollen Krieges
erklärten sich
1tt6 d. 4. Jul. dreizehn vereinigte Staaten für un-
abhängig, und als cs ihnen durch ihren patriotischen und
klugen Unterhändler Benjamin Franklin (den Erfinder
des Blitzableiters, der zuerst Buchdruckergehülse, dann Schrift-
steller, dann Präsident von Pennsylvanien, zuletzt Gesandter
in Paris war) gelang, 1778 Frankreich und Spanien
zum Beistand zu bewegen, so nahm der Unabhänigkeitskrieg
bald eine entschiedenere Wendung.
Frankreich beschäftigte mit zwei Flotten, denen sich bald
darauf die spanische beigesellte, die Engländer in den west-
und ostindischen Meeren, und sandte 1780 auch ein Hülfsheer
nach Nordamerika, wo die Engländer bereits viele Vortheile
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Extrahierte Personennamen: Benjamin_Franklin
Extrahierte Ortsnamen: Boston Deutschland Nordamerika Pennsylvanien Paris Frankreich Spanien Frankreich Nordamerika
$. 106. Die Entstehung der nordamerikanischen Freistaaten. 317
errungen hatten, wie sie denn überhaupt in diesem Kriege
gegen so viele Feinde (zu denen Holland und viele Staaten
in Ostindien getreten waren) bewundernswürdige Anstren-
gungen machten.
Mit der neuerlangten Hülfe entschied Washington
(in Vereinigung mit Lafapette) den Landkrieg dadurch, daß
er 1781 bei Jorkstown ein englisches Heer zur
Ergebung zwang, worauf die Engländer zu Lande nichts
Bedeutendes mehr unternehmen konnten und alle von ihnen
gemachten Friedensvorschläge von den Amerikanern zurück-
gewiesen sahen.
Gegen die übrigen Mächte waren jedoch die Engländer
zur See meist glücklich, und noch im letzten Jahre dieses
Krieges gab ihr glänzender Seesieg bei Guadeloupe
über die Franzosen, und Elliots tapferevertheidigung
von Gibraltar gegen die schwimmenden Batterieen der
Spanier den Beweis von Englands Übergewicht.
Die Ermüdung aller kriegführenden Theile führte endlich
1783 den Frieden zu Versailles herbei, in welchem Eng-
land die Unabhängigkeit der (dreizehn) nordame-
rikanischen Freistaaten anerkannte, denen noch ein
Theil von Canada, Neuschottland und die Schutzherrschaft
über sechs indianische Stämme und dadurch das uner-
meßliche Gebiet imwesten zufiel.
Der nordamerikanische Freistaatenbund gab sich 1789
eine eigene Verfassung, indem die höchste gesetzgebende Ge-
walt bei dem aus der Kammer der Senatoren und der
Kammer der Repräsentanten bestehenden Congresse, die
höchste vollziehende Gewalt aber bei dem an der Spitze des
Congresses stehenden Präsidenten ist, der alle vier Jahre
> neu gewählt wird. Der erste Präsident war Washington.
Schon unter seiner Regierung wurde der Staatenbund um
drei neue Staaten vermehrt, und gegenwärtig umfaßt dieser
merkwürdig rasch wachsende Freistaat 26 einzelne Staaten
mit fast 17 Millionen Einwohnern; welche sich zwar alle
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Extrahierte Personennamen: Jorkstown
Extrahierte Ortsnamen: Holland Ostindien Washington Guadeloupe Englands Versailles Washington
318 h. 106. Die Entstehung der nordamerikanischen Freistaaten.
der vollkommensten Freiheit rühmen, selbst aber noch so sehr
in die „materiellen Interessen" versenkt sind, daß die höher«
Interessen des Geistes in Kunst und Wissenschaft noch keine
festen Pflegestätten bei ihnen finden konnten, ja daß dem
Geldgewinne zu Liebe die südlichen Staaten sogar die leibliche
Sklaverei noch mit der heftigsten Leidenschaftlichkeit in Schutz
nehmen.
Die weitere innere Entwickelung dieses sogenannten Frei-
heitslandes, sein Verhältniß zu Europa und seine Bedeu-
tung für die Zukunft gehört einer später« Stufe der Betrach-
tung an.
Was die Staaten Südamerikas betrifft, so em-
pfiengen diese als Eolonieen des spanischen und portugiesi-
schen Mutterlandes lange Zeit hindurch von dorther ihren
(in §. 86 berührten) Character, so wie ihre Schicksale. Im
Jahre 1808 machten sie sich meist durch blutige Revolutionen
von dem Mutterlande unabhängig, und während die bis
jetzt daraus hervorgegangenen südamerikanischen Staaten in
politischer, religiöser und industrieller Hinsicht alle der Gegen-
satz der nordamerikanischen Freistaaten sind, bietet insbeson-
dere oas ehemalige spanische Südamerika mit seinen stets
sich immer wieder aufs Reue umbildenden Freistaaten das
Bild der größten sittlichen Zerrissenheit und politischen Un-
reife dar. Präsidenten und Generale bekommen dort „nach
blinder Volkslaune und noch blinderem Glück die schlaffen
Zügel einer zweifelhaften und vergänglichen Autorität", und
von europäischen Eolonieen sind in ganz Amerika nur noch
Canada, Westindien, Surinam und Cayenne übrig.
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TM Hauptwörter (200): [T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T178: [Rio Peru Hauptstadt Republik Stadt Brasilien San Südamerika Land Chile], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T76: [Staat See Nordamerika Stadt Union Mississippi Washington Ohio Gebiet vereinigt]]
Extrahierte Ortsnamen: Europa Amerika Westindien Surinam